Gesundes-Herz-Gesetz weiterhin in der Kritik

30.08.2024. Der Referentenentwurf für ein Gesetz zur Stärkung der Herzgesundheit („Gesundes-Herz-Gesetz“) ist in der Fachöffentlichkeit auf erhebliche Kritik gestoßen. Auch das EbM-Netzwerk hatte eine Stellungnahme abgegeben. Nun wurde das Gesetz im Kabinett mit einigen Veränderungen verabschiedet. Die Kritik am Gesetz reißt jedoch nicht ab. Wie auch die DEGAM hält das EbM-Netzwerk das Gesetz für den falschen Ansatz.

Im nun vom Kabinett verabschiedeten Gesetzentwurf wurden einige zentrale Kritikpunkte, die das EbM-Netzwerk in seiner Stellungnahme adressiert hatte, aufgegriffen und korrigiert. Dies betrifft insbesondere die Abkehr von Screeningsinstrumenten und Fragebögen und von Grenzwerten für Statinverordnungen per Rechtsverordnung. Diese Leistungen sollen nun vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach den üblichen Bewertungsmaßstäben und Verfahrensweisen der evidenzbasierten Gesundheitsversorgung festgelegt und eingeführt werden.

Dennoch sieht das EbM-Netzwerk das Gesetz weiterhin sehr kritisch und in dieser Form als überflüssig. Es birgt weiterhin ein beträchtliches Risiko der Über- und Fehlversorgung, da Check-up-Untersuchungen unberücksichtigt der fehlenden wissenschaftlichen Evidenz zum Nutzennachweis ausgeweitet werden sollen. Ebenso ist ein allgemeines, nicht risikoangepasstes Screening von Kindern und Jugendlichen auf familiäre Hypercholesterinämie geplant, entgegen aktuellen evidenzbasierten Empfehlungen. Auch die vom EbM-Netzwerk in seiner Stellungnahme kritisierte Ausweitung des Zugangs zu niedrigschwelligen Gesundheitsuntersuchungen in Apotheken ohne verpflichtende Verknüpfung mit einer Risikoaufklärung nach den Standards evidenzbasierter Patienteninformation und gemeinsamen Entscheidungsfindung findet sich weiterhin im Gesetz. Martin Scherer, Präsident der DEGAM (Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin) und Mitglied des EbM-Netzwerks, kritisiert das Gesetz heftig. Die bestehenden Probleme unseres Gesundheitssystems würden mit dem Gesetz noch verschärft. In mehreren aktuellen Interviews erläutert er, warum das Gesetz nicht in die richtige Richtung geht. Menschen mit niedrigerem sozioökonomischem Status und solche mit hohem Gesundheitsrisiko und gesundheitsschädlichem Verhalten würden häufig nicht erreicht.

Das EbM-Netzwerk und die DEGAM halten es für sinnvoller, die Anstrengungen auf die Verbesserung der Primärprävention durch Bevölkerungs- und Settingansätze zu richten. Beide Fachgesellschaften werden den weiteren Gesetzgebungsprozess zu dem „Gesundes-Herz-Gesetz“ kritisch begleiten.

 

Interview mit Martin Scherer bei Phoenix

Interview mit Martin Scherer beim Deutschlandfunk

 

 

 

 
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